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Sellerie enthält starke Vitamine und Antioxidantien, die die Neuronen im Gehirn verstärken können. Das ebenfalls in ihm enthaltene Luteolin kann das Risiko einer Metastasierung bei Frauen verringern.
Es wird Sie vielleicht überraschen, wenn Sie erfahren, dass der Staudensellerie derselben Pflanzenfamilie angehört wie Karotten und Petersilie, nämlich den Doldenblütlern (Apiaceae). Weniger überraschend ist das nahe Verwandtschaftsverhältnis mit dem Knollensellerie, einem Wurzelgemüse.
Viele Menschen kennen den Sellerie als angenehm knackiges Gemüse, das im kalten Buffet ausgezeichnet mit Karotten und Radieschen harmoniert. Jüngsten Studien zufolge haben die blassgrünen Stiele von Apium graveolens var. dulce jedoch eine ganze Reihe an gesundheitlichen Vorzügen zu bieten. Dies gilt auch für die winzigen Samen und sogar für den Saft, obwohl die Stiele zu 95 Prozent aus Wasser bestehen.
In jüngster Zeit wird Selleriesaft als Superfood-Drink der Stunde angepriesen. Laut The Guardian1 vom 13. Februar 2019 verkauft sich das Getränk seit Oktober 2018 viermal besser als Kohlsaft, der anscheinend seine beste Zeit schon hinter sich gelassen hat. Die Verkaufszahlen von Selleriesaft haben sich in den Vereinigten Staaten in letzter Zeit um sage und schreibe 454 Prozent erhöht, und die Welle schwappt gerade auf Europa über.
Das Selleriesaft-Phänomen
Dieses Phänomen geht auf Anthony William zurück, der sich selbst als Urheber der globalen Selleriesaft-Bewegung bezeichnet. Er hat es geschafft, das Getränk als »Heilmittel für jedes mögliche Symptom und jede vorstellbare Krankheit«2 zu vermarkten. William zufolge kann man die beste Wirkung erzielen, wenn man den Saft gleich am Morgen auf nüchternen Magen trinkt, ihn pur zu sich nimmt und mindestens 15 Minuten wartet, bevor man etwas anderes isst oder trinkt.
Selleriesaft soll unter anderem bei folgenden Krankheiten Linderung bringen: »Autoimmunkrankheiten, Akne, Ekzeme, Psoriasis, Migräne, Säurereflux, Suchtkrankheiten, Angstzustände, Depressionen, Erschöpfungszustände, Gewichtsprobleme, Blähungen und Verstopfung.«3
Aber auch die Forschung ist durchaus der Ansicht, dass sich Selleriesaft positiv auf den Verdauungstrakt und das Herz-Kreislauf-System auswirkt. Die Samen werden traditionell als natürliches Schmerzmittel verwendet. Zu den heilkräftigsten Inhaltsstoffen des Sellerie zählt Apigenin, ein Molekül, das aufgrund seiner möglichen antitumoralen Wirkung das Interesse auf sich zieht.4
Das Flavonoid Apigenin kommt in vielen Kräutern vor, beispielsweise in Petersilie, Thymian und Kamille. Die Verbindung ist unter anderem deshalb so interessant, weil sie die Nervenzellen des Gehirns stärkt. So konnte im Laborversuch5 in vitro nachgewiesen werden, dass menschliche Stammzellen unter Einwirkung von Apigenin innerhalb von 25 Tagen zu Neuronen reifen können. Darüber hinaus waren die Synapsen zwischen den Nervenzellen »stärker und vollkommener« ausgebildet, wenn das Flavonoid eingesetzt wurde. Eine Stärkung der Neuronen fördert die Gehirnfunktion auf verschiedenste Weise. Abgesehen von der Entwicklung neuer Hirnzellen wird Apigenin eine mögliche antitumorale Wirkung zugeschrieben, die sich insbesondere gegen Brustkrebs richten soll.6
Der sekundäre Pflanzenstoff wurde auch mit einer Verringerung von entzündungsbedingten Schäden in Verbindung gebracht. In einer in PloS One veröffentlichten Studie konnte festgestellt werden, dass der Verzehr von Sellerie und anderen Nahrungsmitteln, die Apigenin enthalten, das Immunsystem sogar dann stabilisiert, wenn im Körper Entzündungen nachweisbar sind. In dem Artikel heißt es:
»Apigenin hemmt LPS(Lipopolysaccharid)-induzierte Entzündungsreaktionen mittels verschiedener Mechanismen, die in Makrophagen ablaufen. Dieses Ergebnis liefert einen wichtigen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Apigenin als therapeutischer Wirkstoff gegen entzündliche Erkrankungen in Frage kommen könnte.«7
Dem Online Textbook of Bacteriology zufolge sind Lipopolysaccharide in der äußeren Membran von Escherichia coli, Salmonellen, Shigellen und anderen gramnegativen Bakterien enthalten. Kurz gesagt vermindert Apigenin die Toxizität und »entfaltet eine wirksame entzündungshemmende Aktivität in vivo, indem es die LPS-induzierte Genexpression einschränkt … und so wieder das Gleichgewicht des Immunsystems herstellt«, wie in einer Studie9 der Ohio State University zu lesen ist.
Der gesundheitliche Nutzen des Selleries
Sellerie enthält viel Vitamin K, das für eine normale Blutgerinnung notwendig ist und vor Arterienverkalkung schützt – eine einzige Tasse des Saftes liefert 37 Prozent der empfohlenen Tagesdosis. Was den Beitrag zum Tagesbedarf betrifft, folgt als nächster Nährstoff das Spurenelement Molybdän, das wichtig für die Entgiftung von Schwermetallen ist. Molybdän ist ein Cofaktor von vier wichtigen Enzymen:
- Sulfitoxidase
- Xanthinoxidase
- Aldehydoxidase
- mitochondriale Amidoxim reduzierende Komponente (mARC).
Zu den weiteren Nährstoffen, mit denen der Sellerie aufwarten kann, gehören die Vitamine A, C und Folsäure sowie Kalium. Der Doldenblütler enthält außerdem große Mengen Antioxidantien, Phenolsäuren, Flavone und Flavonole sowie etliche weniger gut erforschte Pflanzenstoffe.
Wie bereits zuvor angedeutet, zeichnen sich nicht nur die grünen Pflanzenteile des Staudenselleries durch ihre positive Wirkung auf die Gesundheit aus, sondern auch die Samen. Forschungen deuten darauf hin, dass der Sellerie – auch wenn es sich um ein alltägliches Nahrungsmittel handeln mag – eine recht komplexe chemische Zusammensetzung aufweist und über Inhaltsstoffe verfügt, die eine entspannende, gefäßerweiternde und somit blutdrucksenkende Wirkung entfalten können.10 Lassen wir die Autoren des angesprochenen Artikels zu Wort kommen:
»Ein Extrakt aus Selleriesamen besitzt blutdrucksenkende Eigenschaften, die offensichtlich auf seine aktiven hydrophoben Substanzen wie NBP (3-n-Butylphthalid) zurückzuführen sind, sodass Sellerie als Mittel zur dauerhaften Behandlung von Bluthochdruck in Betracht gezogen werden kann.«11
Verschiedene Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass sich NBP für die Behandlung von Blutgefäßerkrankungen des Gehirns, beispielsweise Schlaganfall und vaskuläre Demenz, eignen könnte.12 Untersuchungen an Ratten verweisen auf signifikante blutdrucksenkende Eigenschaften, wie unter anderem im Journal of Medicinal Food beschrieben.13 Nachfolgenden Studien an Menschen gelang der Nachweis dass Selleriesamenextrakt die Blutdruckwerte tatsächlich senken kann.
Bei den dreißig Teilnehmern an einer repräsentativen Studie, die an leichtem bis mittelschwerem Bluthochdruck litten, führte eine zweimal täglich eingenommene Dosis von 75 Milligramm Selleriesamenextrakt über einen Zeitraum von 6 Wochen zu merklichen Besserungen: Die zu Studienbeginn ermittelten durchschnittlichen systolischen und diastolischen Blutdruckwerte sanken um 8,2 beziehungsweise 8,5 Millimeter Hg. Um eine vergleichbare Wirkung unter Verwendung der grünen Pflanzenteile zu erzielen, müsste man allerdings mehr als 20 Kilogramm oder 530 Selleriestangen verzehren.14
Wirkstoffe des Selleries zur Krebsbekämpfung und Neubildung von Nervenzellen
Eine Studie,15 die an der Dublin City School of Biotechnology durchgeführt wurde, konnte nachweisen, dass Apigenin das Wachstum und die Entwicklung von Nervenzellen bei Mäusen fördert sowie die Lern- und Merkfähigkeit der kleinen Nager verbessert. Das Flavonoid könnte sich in der Behandlung von neurologischen Erkrankungen, Störungen und Verletzungen als nützlich erweisen.
Doch der Sellerie enthält abgesehen vom Apigenin noch weitere medizinisch interessante Flavonoide. So gelang es im Rahmen eines Forschungsprojekts, die antitumoralen Eigenschaften von Luteolin zu belegen. Die Autoren des Artikels erklären die Wirkung damit,16 dass Luteolin die Empfindlichkeit der Krebszellen gegenüber Medikamenten erhöhe. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass Apigenin das Wachstum von vier Pankreaskrebs-Zelllinien zu hemmen vermochte.17
Doch der Sellerie enthält abgesehen vom Apigenin noch weitere medizinisch interessante Flavonoide. So gelang es im Rahmen eines Forschungsprojekts, die antitumoralen Eigenschaften von Luteolin zu belegen. Die Autoren des Artikels erklären die Wirkung damit, dass Luteolin die Empfindlichkeit der Krebszellen gegenüber Medikamenten erhöhe. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass Apigenin das Wachstum von vier Pankreaskrebs-Zelllinien zu hemmen vermochte.
2017 fanden Forscher im Rahmen einer Studie zudem heraus, dass Luteolin das Risiko der Metastasenbildung bei Frauen, die an dreifach negativem Brustkrebs leiden, verringern könnte. Salman Hyder, Professor für Angioneogenese und Biomedizin am College of Veterinary Medicine und am Dalton Cardiovascular Research Center, erläutert die Hintergründe:
»Den Tumorzellen des dreifach negativen Brustkrebs fehlen drei Rezeptoren, die von der gängigen chemotherapeutischen Behandlung normalerweise ins Visier genommen werden. Weil die üblichen Krebsmedikamente solche Tumorzellen nicht aufspüren können, müssen Ärzte auf überaus aggressive und giftige Behandlungsmethoden zurückgreifen.
Frauen, die von dieser Brustkrebsform betroffen sind, entwickeln darüber hinaus häufig Metastasen, die von den medikamentenresistenten Zellen ausgehen … (Diese sind) äußerst mobil, sodass sie leicht in andere Organe einwandern können. Wir haben herausgefunden, dass Luteolin ihre Migration hemmt und Tumorzellen auch abtöten kann.«18
Was die Wirksamkeit des Selleries angeht, so deuten historische Quellen weitere Vorteile an. So könnten seine Inhaltsstoffe die Nerven beruhigen, Schmerzen lindern und eine ganze Reihe von Beschwerden wie Arthritis, Gicht, Ödeme, Muskelspasmen, Erkältung und Grippe behandeln. Wissenschaftlern zufolge sind allerdings mehr Beweise erforderlich, um diese Anwendungsmöglichkeiten zu verifizieren.
Wie unser Verdauungssystem vom Stangensellerie profitieren kann
Der Stangensellerie wird schon lange als ideale Zwischenmahlzeit erachtet; nicht nur, weil er knackig ist und einen milden Geschmack aufweist, sondern vor allem aufgrund seines beträchtlichen Ballaststoffgehalts. Auf der Website Live Science erfährt man darüber:
»Die gesundheitlichen Vorzüge der Ballaststoffe für die Verdauung sind wohlbekannt. Ballaststoffe fördern einen regelmäßigen Stuhlgang und wirken dadurch Verstopfung entgegen; sie unterstützen Sie dabei, Ihren Darm gesund zu erhalten und Ihr Gewicht zu halten … Eine Tasse Sellerie enthält ungefähr 6 Prozent Ihres täglichen Bedarfs an Ballaststoffen. Neuere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Antioxidantien aus dem Sellerie zur Regeneration der Magenschleimhaut beitragen und die Gefahr, an Magengeschwüren zu erkranken, verringern.«19
Was man beim Verzehr von Stangensellerie beachten sollte
Wenn wir Sellerie essen, sollten wir uns einiger Dinge bewusst sein. Vorweg sei gesagt, dass es sich bei rohem Sellerie um einen gesunden Snack beziehungsweise ein nährstoffreiches Lebensmittel handelt, doch die Art der Zubereitung kann den Nährwert beeinflussen. Untersuchungen haben ergeben, dass das Gemüse beim Kochen oder Blanchieren zwischen 38 und 41 Prozent seiner Antioxidantien einbüßt – ein beachtlicher Schwund, wenn Sellerie dagegen gedämpft wird, bleiben zwischen 83 und 99 Prozent der Antioxidantien erhalten.20
Medical News Today klärt darüber auf, dass Sellerie zu einer kleinen Gruppe an Nahrungsmitteln gehört, die eine schwere allergische Reaktion auslösen können. Diese Reaktion kann in einen anaphylatischen Schock, also einen lebensbedrohlichen Zustand, münden, sodass »Personen, die auf Sellerie allergisch reagieren, vorsichtig sein und die Lebensmitteletiketten sorgfältig durchlesen sollten, da selbst geringe Mengen Reaktionen auslösen können.«21
In vielen natürlichen Nahrungsmitteln finden sich Inhaltsstoffe, die eine Giftwirkung entfalten können, wenn man große Mengen auf einmal roh verzehrt – der Stangensellerie ist ein Beispiel dafür. So kann der übermäßige Konsum des Doldenblütlers eine Schilddrüsenunterfunktion verursachen oder auch zur Kropfbildung (goitrogene Wirkung) beitragen; die damit verbundenen Schwellungen im Halsbereich könnten Atemprobleme nach sich ziehen.
»Sellerie kann eine goitrogene Wirkung entfalten, wenn er in sehr großen Mengen verzehrt wird, insbesondere in ungekochtem Zustand … Der Grund liegt darin, dass große Mengen rohen Selleries die Wirksamkeit von Jod in der Schilddrüse beeinträchtigen«, erfährt man auf www.sfgate.com.22
Darüber hinaus enthalten viele Pflanzen eine natürliche Substanz namens Psoralen, die die Empfindlichkeit gegenüber ultravioletter Strahlung erhöhen kann. Sellerie, in dem diese Verbindung ebenfalls vorkommt, könnte phototoxische Hautreaktionen oder Ausschläge verursachen, falls der Saft auf Ihre Haut spritzt und Sie den betroffenen Bereich innerhalb der nächsten 12 bis 36 Stunden der Sonne aussetzen.
Ausschläge oder etwaige Hyperpigmentierungen können von brennenden Empfindungen begleitet werden, die 3 bis 5 Tage, mitunter jedoch sogar monatelang andauern, wie man in einem Artikel in den Baylor University Medical Center Proceedings aus dem Jahr 2000 nachlesen kann.23
Noch eine Anmerkung: Pestizide sind zu einem riesigen Wirtschaftsfaktor geworden – Pflanzenvernichtungsmittel wie Glyphosat und andere Pestizide werden unglücklicherweise weltweit im Ausmaß von mehr als 2 Millionen Tonnen pro Jahr auf landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt, allein US-amerikanische Landwirte bringen über 130.000 Tonnen aus. Eine Klasse von Pestiziden, die als Organophosphate bezeichnet werden, steht im Verdacht, das Gehirn zu schädigen und Aufmerksamkeits- beziehungsweise Gedächtnisstörungen, Autismus und einen niedrigen Intelligenzquotienten hervorzurufen.
Es ist leider so, dass Stangensellerie den unrühmlichen 11. Platz in der von der Environmental Working Group erstellten Liste24 der zwölf am stärksten mit Pestizidrückständen belasteten Obst- und Gemüsearten (»Dirty Dozen«) einnimmt. Deshalb gilt besonders im Fall des Selleries, dass biologisch angebautes Gemüse konventionellen Erzeugnissen aus dem Supermarkt stets vorzuziehen ist, da diese unter Verwendung gesundheitsschädlicher Pestizide produziert worden sind.
Falls Sellerie aus biologischem Anbau nicht verfügbar ist oder Sie sich unsicher sind, empfiehlt es sich, das Gemüse vor dem Verzehr gründlich zu waschen. Dieser Ratschlag bezieht sich auf jedes Obst oder Gemüse – selbst wenn Sie vorhaben, es zu schälen. Noch besser: Bauen Sie den Stangensellerie selbst an – biologisch natürlich.
Dieser Artikel erschien erstmals am 08. April 2019 auf Mercola.com.