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Vitamin B12 ist mehr als ein »Nervenvitamin«
Häufig wird Vitamin B12 als »das Nervenvitamin« bezeichnet. Das stimmt zwar, ist aber viel zu kurz gegriffen. Vitamin B12 (Cobalamin) ist in unserem Organismus noch an weit mehr Aufgaben beteiligt.1 Neben der Unterstützung der Bildung von wichtigen Nervenbotenstoffen stärkt es auch das Immunsystem, indem es den Abbau schädlicher Hormone wie dem Homocystein fördert und freie Radikale hemmt. Es wird zur Blutbildung und zur Zellteilung benötigt, steuert den Aufbau und Erhalt der Zellmembranen und greift in den Energiestoffwechsel ein.
Über diese Funktion wirkt es gegen Müdigkeit und Erschöpfung, sorgt für Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Auch wenn der menschliche Organismus nur winzige Mengen von Vitamin B12 benötigt, sind seine Auswirkungen dennoch enorm. Es gibt sogar Hinweise, dass eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 einen Abbau von Gehirnmasse im Alter verhindern und somit Demenz vorbeugen kann.
Vier verschiedene Formen von Vitamin B12 sind bekannt. Zwei von ihnen kommen auf natürliche Weise vor und können als bioaktive Formen sofort von unserem Organismus verwertet werden. Die zwei anderen Formen hingegen sind synthetisch und müssen – nachdem sie zugeführt worden sind – vor einer Verwertung im Organismus erst in bioaktive Formen umgebaut werden.2
- Methylcobalamin ist eine bioaktive Form des Vitamin B12, welche auf natürliche Weise in unserer Nahrung nur sehr gering enthalten ist. In Vitamin-B12-Präparaten wird Methylcobalamin jedoch relativ häufig verwendet, da der Organismus diese Form nach der Einnahme gleich direkt verwerten kann.
- Adenosylcobalamin (Desoxyadenosylcobalamin) ist ebenfalls eine bioaktive Form, die auf natürliche Weise häufig in Lebensmitteln vorkommt. Adenosylcobalamin unterstützt im Organismus den Abbau von Aminosäuren und Fettsäuren.
- Cyanocobalamin ist eine synthetische Form von Vitamin B12 und häufig in Nahrungsergänzungsmitteln zu finden. Nach der Aufnahme kann der Organismus es allerdings nicht sofort verwerten, sondern muss es zuvor in Methylcobalamin oder Adenosylcobalamin umwandeln, was ihm allerdings nicht schwerfällt.
- Hydroxycobalamin ist eine natürliche Form von Vitamin B12 und kommt häufig in tierischen Lebensmitteln vor, wird allerdings von den Herstellern von Nahrungsergänzungsmitteln relativ wenig eingesetzt. Ein besonderer Vorteil von Hydroxycobalamin gegenüber den anderen drei Formen von Vitamin B12 ist, dass es sich im Organismus besser speichern lässt. Bevor der Organismus es jedoch verwerten kann, muss es erst in Adenosylcobalamin oder Methylcobalamin umgewandelt werden.
Vitamin-B12-Mangel nicht auf die leichte Schulter nehmen
Ein Mangel an Vitamin B12, der offenbar gar nicht so selten vorkommt, kann nicht nur unangenehm sein, sondern gravierende Gesundheitsstörungen bis hin zu Lähmungen hervorrufen. Allerdings setzen diese Beeinträchtigungen nicht sofort ohne Vorwarnung ein, sondern kündigen sich in der Regel lange zuvor an.
Erstes Anzeichen sind normalerweise unspezifische Wohlfühlstörungen3 wie etwa Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Erschöpfung, Gedächtnisprobleme, Appetitlosigkeit oder Konzentrationsstörungen. Später kann sich ein Vitamin-B12-Mangel mit Kopfschmerzen und Migräne, als Muskelschwäche, als Haarausfall, als Gangunsicherheit, als Zungenbrennen, als Ameisenlaufen oder Kribbeln in Händen und Füßen, als Stimmungsschwankungen bis hin zur depressiven Verstimmung, als Nahrungsunverträglichkeit oder Allergie sowie als Sehschwäche aufgrund einer Degeneration des Sehnervs äußern. Festgestellt werden kann ein Vitamin-B-Mangel durch eine Blutuntersuchung im Labor.4
Ursachen für die Entstehung eines Vitamin-B12-Mangels gibt es viele. So kann zum Beispiel auf den regelmäßigen Genuss von größeren Mengen Alkohol hin die Resorptionsfähigkeit des Körpers beeinträchtigt sein, so dass er aus der Nahrung nur noch sehr reduziert Vitamin B12 aufnimmt. Auch verschiedene Erkrankungen können zu einem Vitamin-B12-Mangel führen. Dazu gehören unter anderem Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Zöliakie, chronische Nierenerkrankungen, chronische Lebererkrankungen oder eine chronische Typ-A-Gastritis.
Diese Erkrankungen können selbst Grund für einen Vitamin-B12-Mangel sein oder sie zwingen zur Einnahme verschiedener Medikamente, die wiederum Vitamin-B12 -Räuber sind. Dazu gehören zum Beispiel Medikamente gegen Sodbrennen (H2-Blocker, Protonenpumpenhemmer oder Antazida). Ebenfalls Vitamin-B12-Räuber sind bestimmte Medikamente gegen epileptische Anfälle, gegen Tuberkulose oder gegen Diabetes. Darüber hinaus ist die Antibabypille5 dafür bekannt, einen Vitamin-B12 -Mangel auszulösen.
Während ein Mangel an Vitamin B12 durchaus gravierende Folgen haben kann, sind schädliche Auswirkungen aufgrund von Überdosierung nicht bekannt. Da Vitamin B12 wasserlöslich ist, wird ein Zuviel davon im Körper über die Nieren abgebaut und mit dem Urin ausgeschieden.
Als Schätzwerte für den Tagesbedarf von Vitamin B12 gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung an:6
● 0,5 µg pro Tag für Säuglinge (0 bis unter 4 Monate)
● 1,4 µg pro Tag für Säuglinge (4 bis unter 12 Monate)
● 1,5 µg pro Tag für Kinder (1 bis unter 4 Jahre)
● 2,0 µg pro Tag für Kinder (4 bis unter 7 Jahre)
● 2,5 µg pro Tag für Kinder (7 bis unter 10 Jahre)
● 3,5 µg pro Tag für Kinder (10 bis unter 13 Jahre)
● 4,0 µg pro Tag für Kinder (13 bis unter 15 Jahre)
● 4,0 µg pro Tag für Jugendliche und Erwachsene
● 4,5 µg pro Tag für Schwangere
● 5,5 µg pro Tag für Stillende
Hervorragend zu speichern
Im Gegensatz zu anderen wasserlöslichen Vitaminen ist das Vitamin B12 das einzige wasserlösliche Vitamin, dass der Körper speichern kann. Und zwar sogar sehr gut, nämlich bis zu mehreren Jahren. Er speichert das Vitamin B12 in den Muskeln und in der Leber. Insgesamt werden im menschlichen Körper zwischen 3 und 5 Milligramm Vitamin B12 in Depots gehortet. In der Leber wird in etwa eine so große Menge Vitamin B12 gespeichert, dass der Organismus für rund 3 Jahre damit versorgt werden kann.
Was die Bildung von Vitamin B12 im Körper angeht, so befindet er sich in einer Art Zwickmühle. Im Dickdarm leben zwar Bakterien, die zur Herstellung von Vitamin B12 benötigt werden, aber an dieser Stelle kommt jede Mühe zu spät. Denn aus dem Dickdarm kann Vitamin B12 nicht mehr in den Organismus aufgenommen werden. Dies müsste bereits in höheren Darmabschnitten geschehen. Das im Dickdarm gebildete Vitamin B12 ist also nicht mehr verwertbar und wird leider ungenutzt ausgeschieden.
Vitamin B12 muss dem Körper also in Form von Nahrungsmitteln oder Präparaten zugeführt werden, die es als Tabletten, Kapseln oder Tropfen zur Einnahme oder als spezielle Lösungen zur intramuskulären Injektion gibt. Eine Metaanalyse7 von drei randomisierten kontrollierten Studien ergab, dass zwischen oral und durch Injektion in den Muskel verabreichtem Vitamin B12 kein relevanter Unterschied im Hinblick auf den B12-Spiegel im Blut vorlag.
Zur Versorgung über die Ernährung kommt Vitamin B12 – mit Ausnahme von Sauerkraut – fast ausschließlich in tierischen Nahrungsmitteln vor. Zum Beispiel in Rinderleber, Kalbsleber, Schweineleber, Austern, Kaninchen, Hering, Rindfleisch, Forelle oder Schweinefleisch.
An dieser Auswahl von Lebensmitteln ist schon auf den ersten Blick erkennbar, wer besonders häufig unter einem Mangel an Vitamin B12 leidet: Vegetarier und Veganer. Da sie keine tierischen Lebensmittel zu sich nehmen, fehlt ihnen eine wichtige Quelle für die Versorgung mit Vitamin B12. Vegetarier und Veganer, aber auch andere Menschen mit einem gravierenden Mangel an Vitamin B12, sollten das Vitamin zum Ausgleich deshalb in Form von Präparaten zu sich nehmen.
Krankheiten, die auf einen B12-Mangel zurückgehen können
Der Ausgleich eines Vitamin B12-Mangels ist dann umso wichtiger, wenn Krankheiten vorliegen, die auf ein Defizit zurückgeführt werden können. Dies wäre etwa der Fall, bei
- psychischen Erkrankungen und Depressionen: Da Vitamin B12 für die Bildung von Neurotransmittern und Neurohormonen benötigt wird, kann ein Mangel die Entstehung stimmungsbeeinflussender Krankheiten fördern. Dies beginnt oft mit anhaltenden Schlafstörungen und geht dann im Laufe der Zeit allmählich in depressive Verstimmung oder Depressionen über.
- Hauterkrankungen: Bei Schuppenflechte oder Neurodermitis kann die höher dosierte Gabe von Vitamin B12 ergänzend zur sonstigen Therapie die Heilung unterstützen. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Vitamin B12 die Eigenschaft hat, Stickoxide in der Haut zu binden. Ein Übermaß an Stickoxiden stört die Heilungsprozesse in der Haut.
- Blutarmut: Ein gravierender Mangel an Vitamin B12 kann zu Blutarmut (Anämie) führen. Umgekehrt kann die Gabe von Vitamin B12 die Blutbildung anregen und unterstützen – und somit die Therapie von Blutarmut begleiten.
- Nervenkrankheiten: Vitamin B12 ist an der Bildung der Nervenschutzschicht Myelin beteiligt. Nerven sind von einer Schutzhülle, der Myelinscheide, umgeben. Fehlt diese oder weist diese Schädigungen auf, so kann es zu Krankheiten wie etwa Multipler Sklerose kommen.
- Entwicklungsstörungen des Gehirns: Das Gehirn und die Zellen im Zentralnervensystem benötigen für eine fehlerfreie Entwicklung Vitamin B12. Gerade Kinder von Vegetarierin oder Veganern sind besonders gefährdet, wenn sie an einer Ernährung der Eltern ohne tierische Anteile teilhaben. Dann kann es zu einem gravierenden Vitamin-B12-Mangel mit der Folge einer Unterentwicklung des Gehirns kommen.
- anhaltender Müdigkeit und Erschöpfung: Ist nicht genügend Vitamin B12 vorhanden, kann sich dies nachteilig auf den Energiestoffwechsel auswirken. Vitamin B12 ist maßgeblich an der Energiegewinnung in den Zellen beteiligt. Liegt ein Mangel daran vor, können anhaltende Erschöpfung und verminderte Leistungsfähigkeit die Folgen sein.
In allen diesen Fällen bleibt häufig als Lösung, Vitamin B12 in Form eines Präparats als Nahrungsergänzung zu supplementieren. Dies ist eine risikofreie und nachhaltige Möglichkeit, den negativen Auswirkungen eines Vitamin-B12-Mangels entgegenzuwirken oder diesen schon von vorneherein zu verhindern.